LMV April 2022: Langfristige Awarenessstrukturen in der GRÜNEN JUGEND Hessen
Einführung und Zielsetzung Awarenesskonzept:
Die GRÜNE JUGEND Hessen kämpft für eine Welt, in der sich jeder Mensch sicher fühlen soll und ohne Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Ableismus und anderen Diskriminierungen in Freiheit leben kann. Dieses Gefühl soll auch innerverbandlich und auf unseren Veranstaltungen dafür vorherrschen. Wir als GRÜNE JUGEND Hessen verpflichten uns, die angestrebten politischen Werte auch in der innerverbandlichen Kommunikationskultur umzusetzen. Dazu gehört die Grenzen anderer Personen zu wahren, sexuelle und diskriminierende Übergriffe zu erkennen und diesen entgegenzutreten, gewaltfrei zu kommunizieren, sowie für ein Gesprächsklima zu sorgen, in welchem wir gemeinsam respektvoll für unsere Ziele diskutieren, arbeiten und kämpfen können.
Deshalb implementiert die GRÜNE JUGEND Hessen ein Awarenesskonzept sowie ein Awarenessteam, welches sich an schon bestehenden Awarenesskonzepten orientiert. Im Fokus stehen die Themen psychische, physische und sexualisierte Gewalt.
Wir, als GRÜNE JUGEND Hessen, setzen uns proaktiv und präventiv für ein solidarisches Miteinander ein, welches jegliche Form der Gewalt ablehnt.
Zusammensetzung des A-Team:
Das Awarenessteam soll sich aus Mitgliedern der GRÜNEN JUGEND Hessen zusammensetzen, die zur Teilnahme vom Landesvorstand angefragt werden und sich zu den damit eingehenden Aufgaben verpflichten.
Der Landesvorstand entsendet ein zuständiges Landesvorstandsmitglied, welches das Team koordiniert und selbst Teil dessen ist. Das A-Team soll als feste Gruppe fungieren und sich regelmäßig zusammensetzen, um gemeinsam Konzepte zu erarbeiten und in konkreten Fällen aktiv zu werden. Mindestens 50% des Awarenessteams soll aus FINTA*-Personen bestehen – die Repräsentation weiterer Lebensperspektiven wird angestrebt.
Der Landesvorstand behält sich vor, Menschen aus dem Team auszuschließen, die den verantwortungsvollen Aufgaben nicht gerecht werden. Das Team wird bei dem nächsten Landesbeirat im Sommer 2022 der GRÜNE JUGEND Hessen vorgestellt und wird für ein Jahr zusammenarbeiten.
Ausbildung:
Die Ausbildungsangebote für das A-Team werden über das zuständige LaVoMi der GJH koordiniert. Die Ausbildungsangebote sind keine Verpflichtung aber Empfehlungen und werden integriert in die Bildungsarbeit der GJH, um multiplikatorisch Wissen weitergeben zu können. Auch Nicht-A-Team-Mitglieder der GJH können an diesen Veranstaltungen teilnehmen. Die Teilnahme von A-Team-Mitgliedern ist besonders gewünscht, um eine Schulung gewährleisten zu können. Den Ausbildungszustand dokumentieren die zuständigen LaVoMis.
Zu den möglichen Schulungsthemen gehören unter anderem die Themen: physische Gewalt, sexualisierte Gewalt, psychische Gewalt, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Sexismus, Queerfeindlichkeit, Ableismus und weitere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, 1.-Hilfe- Kurs, Deeskalationsarbeit, gewaltfreie Kommunikation und Jugendschutz.
Verpflichtung:
Das Awarenessteam und seine Mitglieder verpflichten sich – außer bei expliziter Absprache mit den Betroffenen –zu uneingeschränkter Vertraulichkeit in sämtlichen Belangen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit an sie herangetragen werden. Eine entsprechende Erklärung hierzu ist von allen Mitgliedern des Awarenessteams zu unterschreiben. Ein Verstoß hiergegen wird mit dem Ausschluss aus dem Team geahndet, bei besonderer Schwere kann darüber hinaus das Landesschiedsgericht angerufen werden.
Das A-Team verpflichtet sich, im Einsatz keine bewusstseinsverändernden Substanzen zu sich zu nehmen.
Aufgaben
Das A-Team hat klare Aufgaben, um dessen Erfüllung es bemüht ist. Ziel ist, dass das Awarenessteam bei allen Veranstaltungen, die vom Landesverband organisiert werden, anwesend ist und Awarenessarbeit leistet. Grundsätzlich soll das A-Team bei allen Veranstaltungen, auf denen es anwesend ist, Ansprechpartner*in für Menschen sein, die Redebedarf haben, sich in Konflikten unwohl oder sich diskriminiert fühlen oder die übergriffiges Verhalten erlebt haben. Das A-Team soll dabei Möglichkeiten und Orte des Rückzuges schaffen und auf angemessene Art und Weise mit dem*der Täter*in umgehen. Die Bedürfnisse der betroffenen Personen stehen dabei im Zentrum. Darüber hinaus behält das Awarenessteam die Grundstimmung von Veranstaltungen im Auge, achtet auf eine angemessene Diskussionskultur und interveniert, wenn persönliche Grenzen überschritten werden.
Das A-Team ist zusätzlich angehalten, Menschen, die im Rahmen von Veranstaltungen der GRÜNEN JUGEND Hessen emotionale Unterstützung benötigen, bei Bedarf zu begleiten. Auch für Veranstaltungen, bei denen das A-Team nicht anwesend ist, kann es im Nachhinein in Anspruch genommen werden. Insbesondere dient es als Ansprechpartnerin für die Kreisvorstände, die Koordinierenden der Arbeitskreise sowie Organisator*innen von Veranstaltungen, die problematische Gesprächskultur und Grenzüberschreitungen an das A-Team herantragen können. Über die Hilfestellungen auf Veranstaltungen hinaus betreibt das A-Team Aufklärungsarbeit im Verband. Ziel ist es dabei, die Mitglieder und Aktiven der GJH in Bezug auf Diskussionskultur, respektvollen Umgang miteinander und der Achtung persönlicher Grenzen zu sensibilisieren.
Finanzen
Um seiner Aufgabe gerecht werden zu können, braucht das Awarenessteam finanzielle Mittel, um beispielsweise Fortbildungen zu finanzieren. Das A-Team finanziert seine Ausgaben aus bestehenden Töpfen der politischen Arbeit des Landesverbands, z.B. aus dem Frauen- und Vielfaltspolitik oder dem Queer-Topf.
Weiteres regelt die*der Landesschatzmeister*in, im Zweifel gemeinsam mit dem Landesfinanzausschuss.
Kodex: Zum Umgang mit Sexismus,mit Grenzverletzungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung und/oder sexualisierter und sexueller Gewalt
Präambel
Wir als GRÜNE JUGEND Hessen stehen für ein gleichberechtigtes, diskriminierungsfreies und respektvolles Zusammenleben aller Menschen. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, Partei und Verband frei von Sexismus, Antisemitismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Ableismus und andere Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Die Intersektionalität bzw. Überschneidung von mehreren Diskriminierungsformen wird als Lebensrealität vieler Menschen anerkannt und die Bekämpfung dessen als Ziel gesetzt. Patriarchalen Rollenvorstellungen, die dem zugrunde liegen, stellen wir uns entgegen. Sexuelle Selbstbestimmung und Schutz vor sexualisierter Gewalt sind Menschenrechte. Die Verletzung dieser Menschenrechte in Gesellschaft, Verband sowie Partei dulden und akzeptieren wir nicht.
Begriffsbestimmung
Sexismus bedeutet Benachteiligung, Abwertung, Verletzung und Unterdrückung einer Person oder Gruppe aufgrund des Geschlechts in allen gesellschaftlichen Bereichen. Er gründet auf überholten, patriarchal geprägten Rollenstereotypen und Überzeugungen.
Bei sexualisierter Gewalt handelt es sich um Formen von Gewalt und Machtausübung mittels sexueller Handlungen,mit dem Ziel der Einschüchterung, Verunsicherung und Herabwürdigung, die die Würde der Person verletzen. Sexualisierte Gewalt findet verbal, non-verbal, psychisch, physisch und digital statt. Sexualisierte Gewalt ist ein massiver Eingriff in die Intimsphäre einer anderen Person gegen ihren Willen.
Sexuelle Gewalt ist die Vornahme sexueller Übergriffe und Handlungen gegen den Willen einer anderen Person.
- Wir sind uns bewusst, dass auch die GRÜNE JUGEND Hessen nicht frei von patriarchalen Prägungen und sexistischem Verhalten sowie Grenzverletzungen ist.Wir wollen uns für eine Verbandskultur einsetzen, in der Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt keinen Platz finden!
- Wir sind sensibel dafür, dass Menschen u.a. aufgrund antisemitischer, rassistischer, ableistischer oder queerfeindlicher Motive mehrfach diskriminiert werden und deshalb in anderer Weise betroffen sein können.
- Wir wollen uns respektvoll und auf Augenhöhe in unserem Verband begegnen. Für alle Erwachsenen ist der Schutz von Jugendlichen vor Diskriminierung, Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt eine besondere Verpflichtung.
- Wir werden aktiv Partei ergreifen gegen sexistisches, diskriminierendes und gewalttätiges verbales oder nonverbales Verhalten – auch im Netz. Abwertendes Verhalten wird von uns benannt und nicht toleriert.
- Wir wollen einen verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz gewährleisten. Die individuellen Grenzen und die Intimsphäre der Anderen werden von uns respektiert und wahrgenommen.
- 1Die Verhaltensregeln gelten zwischen allen Parteimitgliedern und hauptamtlich Beschäftigten in unserem Verband.
- Wir nehmen Grenzüberschreitungen durch andere bewusst wahr und werden diese nicht vertuschen.
- Für Betroffene und Beteiligte werden wir verbandsinterne Vertrauenspersonen benennen, die regelmäßig qualifiziert werden (Awareness-Team).Wir werden den Kontakt zu professionellen Interventions- und Beratungsstellen herstellen, um Betroffenen gezielt fachliche Hilfe vermitteln zu können.
- Wir sind parteilich mit Betroffenen. Wir stellen die Wahrnehmung der betroffenen Person nicht in Frage. Nur sie kann sagen, wie sich der Übergriff für sie darstellt und nur sie sollte ihn definieren dürfen. Dies ist eine politische und bewusst getroffene Entscheidung mit dem Ziel, Betroffene in einer Gesellschaft, die von patriarchalen und sexistischen Machtverhältnissen geprägt ist, solidarisch zu unterstützen. Die meisten Vorfälle jener Gewalt kommen überhaupt nie zur Sprache, da die meisten Betroffenen nichts sagen, weil sie sich schämen, Angst vor Repressionen haben oder davor, angezweifelt zu werden, weil sie wissen, dass sie keine „objektiven“ Beweise liefern können, oder weil sie (Teil)Schuld zugewiesen bekommen könnten. Die Folge ist oft ein Schweigen. Parteilichkeit gibt Betroffenen die Macht, Geschehenes selbst zu definieren und aus einer unmittelbaren Ohnmacht herauszukommen.
- Wir dulden keinen Sexismus, sexualisierte Gewalt oder jegliche andere Form von Gewalt in unserem Verband. Personen, die sich übergriffig verhalten, insbesondere wenn sie Führungsfunktionen innehaben, müssen diese Aufgaben zeitnah niederlegen.Wir werden Kontakt zu Beratungsstellen aufbauen, die Täter*innen in geeigneter Weise eine Reflexion des eigenen Verhaltens ermöglichen.
- Die Regelungen von Parteigesetz, Antidiskriminierungsgesetz, Jugendschutzgesetz und Strafgesetzbuch sind uns bekannt und wir wenden diese in Absprache mit der betroffenen Person an. Die Bedürfnisse der betroffenen Person stehen dabei im Zentrum.
- Die parteiinternen Abläufe bei Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt werden wir in einem konkreten Handlungsleitfaden festlegen, nach dem wir vorgehen. Der Kodex, die Inhalte des Leitfadens sowie die dem zugrunde liegenden Themen werden mit den Mitgliedern regelmäßig kommuniziert und Diskussionsforen angeboten.
Diese erste Version des Kodex wird von unserem Awarenessteam aufgenommen, wahrgenommen und gegebenenfalls auch verändert. Wir als GRÜNE JUGEND Hessen wollen, dass alle jungen Menschen sich bei uns sicher und wohlfühlen können – unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Geschlechtsidentität, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Behinderung oder ihres sozialen, ökonomischen oder Bildungsstatus.
Was kannst du tun?
- Schau nicht weg!
- Frage die Betroffenen, ob sie sich in der Situation gerade wohlfühlen.
- Hol Hilfe – du bist nicht alleine!
- Nur Ja heißt Ja! Stelle vor einer Handlung mit einer anderen Person immer Konsens her.
- Alkohol verändert die Stimmung individuell und in der Gruppe. Nicht für alle fühlt sich diese Veränderung positiv an. Viele Menschen fühlen sich in der Umgebung von betrunkenen Menschen unwohl. Achte auf deine eigenen Grenzen und die Grenze anderer.
Beschlossen am 03.04.2022 auf der Landesmitgliederversammlung in Wetzlar
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