LMV November 2024: Politische Bildung, Demokratieförderung und Extremismusprävention absichern und ausfinanzieren!
Unsere liberale Demokratie ist das Fundament unseres freiheitlichen und friedlichen Zusammenlebens. Sie ist kein Selbstläufer, sondern muss von jeder Generation neu verstanden, gelebt und verteidigt werden. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Desinformation, Hass und Hetze in sozialen Netzwerken sowie rechtsextremistischer und demokratiefeindlicher Tendenzen, insbesondere unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, ist entschlossenes Handeln erforderlich.
Wir, die GRÜNE JUGEND Hessen, fordern daher eine umfassende Stärkung der politischen Bildung, Medienkompetenz und Demokratieerziehung auf Landes- und Bundesebene. Dabei müssen sowohl die Schulen als auch außerschulische Akteur*innen und Projekte unterstützt werden. Zudem bedarf es eines wirksamen Demokratiefördergesetzes auf Landesebene in Hessen aber auch auf Bundesebene, das die nachhaltige Finanzierung und strukturelle Verankerung von Demokratieprojekten sichert.
Stärkung der politischen Bildung und Medienkompetenz an Schulen
Wir fordern:
a) Einen weiteren Ausbau des Fachs „Politik und Wirtschaft“ an allen Schulformen und Jahrgangsstufen, um politische Bildung für alle Schüler*innen zu gewährleisten.
b) Die Verankerung politischer Bildung und Demokratieerziehung als Querschnittsthema in allen Unterrichtsfächern. Jede Schulstunde soll zu einer Stunde für die Demokratie werden.
c) Eine Offensive „Medienbildung für die Demokratie“, die die Vermittlung von Medienkompetenz und kritischem Denken im digitalen Zeitalter in den Vordergrund stellt.
d) Die flächendeckende Einführung des Schulfachs „Digitale Welt“ mit einem klaren Schwerpunkt auf demokratischer Medienbildung.
Unterstützung und Qualifizierung von Lehrkräften
Wir fordern:
a) Umfassende Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte im Bereich Demokratiebildung, Extremismusprävention und Medienkompetenz.
b) Die Anpassung und Weiterentwicklung der Lehrpläne und der Lehrkräfteausbildung, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden.
c) Entwicklung eines Leitfadens zur Demokratiebildung, wie ihn die Landesregierung Baden-Württemberg und andere Bundesländer bereits erarbeitet haben. Dieser Leitfaden soll Lehrkräfte unabhängig von Fach und Schulart dabei unterstützen, ihre Schüler:innen in der Ausbildung von Demokratiekompetenzen zu fördern.
Einbindung von außerschulischen Partner*innen und Projekten
Wir fordern:
a) Eine verbindliche Zusammenarbeit von Schulen mit Holocaust-Gedenkstätten, Erinnerungsorten und Einrichtungen wie der Bildungsstätte Anne Frank, dem Jüdischen Museum Frankfurt oder dem Fritz-Bauer-Institut. Alle hessischen Schüler*innen sollen mindestens einmal während ihrer Schulzeit eine solche Einrichtung besuchen.
b) Die Ausweitung der Kapazitäten dieser Einrichtungen sowie ihre finanzielle Absicherung, um diesem Ziel gerecht zu werden.
Förderung der Medienkompetenz im Rahmen einer Nationalen Strategie
Wir fordern:
a) Die Entwicklung und Umsetzung einer „Nationalen Strategie Medienkompetenz“ in Zusammenarbeit mit Bund und Ländern.
b) Die Entwicklung gemeinsamer Standards für digitale und Medienbildung in den Lehrplänen und der Lehrkräfteaus- und -weiterbildung.
c) Bundesweite Projekttage zum Thema Medienkompetenz, um alle Schüler*innen für das Thema zu sensibilisieren.
d) Die Einrichtung einer unabhängigen Bundeszentrale für digitale und Medienbildung als vertrauenswürdige Anlaufstelle für qualitätsgeprüftes Material.
e) Die Förderung von Initiativen zur lebenslangen digitalen Bildung, um alle Altersgruppen für die Gefahren von Desinformation zu sensibilisieren.
Demokratie schützen und ausfinanzieren – Einführung eines Hessischen Demokratiefördergesetzes
Wir fordern:
a) Demokratieförderung und Extremismusprävention im Haushalt fest verankern und Finanzierung sicherstellen.
b) Die zügige Verabschiedung eines wirksamen Landesdemokratiefördergesetzes in Hessen, dass die dauerhafte Förderung und Finanzierung von Demokratieprojekten, der historisch-politischen Bildung, der Präventionsangeboten und außerschulischer Projektpartner*innen sicherstellt.
c) Ein Demokratiepakt zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft
d) Ein Schutzkonzept für zivilgesellschaftliche Akteure.
e) Die strukturelle und dauerhafte Verankerung von Beratungs- und Meldestellen für betroffene Menschen von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus.
f) Die Bildungs- und Präventionsarbeit sowie Forschung gegen Antisemitismus muss dringend unter Einbeziehung jüdischer Perspektive ausgebaut werden. Dabei muss Antisemitismus nicht nur geächtet, sondern auch in all seinen Formen und Funktionen analysiert werden.
g) Keine Einsparung bei Bildung und Demokratieförderung trotz knapper Kassen.
Wir stellen fest, dass trotz der schwierigen finanziellen Lage des Bundes und des Landes Hessen keine Einsparungen bei der Finanzierung von Lehrkräftefortbildungen, Demokratieprojekten und politischer Bildung vorgenommen werden dürfen. Investitionen in Bildung und Demokratie sind Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft und unverzichtbar für den Erhalt unserer demokratischen Grundordnung.
Bund-Länder-Kooperation zur finanziellen Unterstützung
Wir fordern:
a) Die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine dauerhafte finanzielle Unterstützung der Länder in der Demokratie- und Medienbildung einzusetzen.
b) Über den DigitalPakt 2.0 hinaus muss der Bund die Länder hierbei nachhaltig unterstützen.
Frühzeitige Einbindung von Kindern und Jugendlichen in demokratische Prozesse
Wir fordern:
a) Die flächendeckende Einführung schulischer Beteiligungsformate, wie z.B. eine wöchentliche Klassenratstunde für die Klassenstufen 1 bis 6, sowie die Etablierung einer demokratischen Schulkultur, in der Schüler:innen an der Entscheidungsfindung und den Problemlösungsprozessen aktiv beteiligt werden, um demokratische Prozesse im schulischen Kontext zu erlernen.
b) Die Förderung von Partizipationsprojekten, die Kindern und Jugendlichen ermöglichen, demokratische Prozesse aktiv mitzugestalten.
Unsere Demokratie steht vor vielfältigen Herausforderungen. Die Zunahme von rechtsextremistischen und demokratiefeindlichen Tendenzen, insbesondere unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, erfordert entschlossenes Handeln. Die Verbreitung von Desinformation, Hass und Hetze in sozialen Netzwerken durch autokratische Regime wie Russland und China sowie extremistische Akteure untergräbt das Vertrauen in demokratische Institutionen und fördert gesellschaftliche Spaltung.
Aktuelle Studien und Berichte zeigen eine besorgniserregende Zunahme rechtsextremistischer Vorfälle an Schulen in Hessen. Allein im laufenden Jahr 2024 wurden bereits 120 rechtsextreme Vorfälle registriert, mehr als eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung ist dramatisch und beunruhigend. Unsere Schulen müssen Orte sein, an denen Demokratie gelebt und gelernt wird.
Die Schulen spielen eine zentrale Rolle bei der Vermittlung von demokratischen Werten und Medienkompetenz. Es ist daher unerlässlich, die politische Bildung und Medienkompetenzvermittlung an Schulen zu stärken und Lehrkräfte entsprechend zu qualifizieren. Außerschulische Lernorte und Projekte, wie Holocaust-Gedenkstätten und Einrichtungen der politischen Bildung, leisten einen wertvollen Beitrag zur Demokratiebildung und müssen nachhaltig gefördert werden.
Trotz finanzieller Herausforderungen dürfen Investitionen in Bildung und Demokratie nicht gekürzt werden. Es darf nicht sein, dass bei der Ausfinanzierung von Lehrkräftefort- und -weiterbildungen, bei Demokratieprojekten und politischer Bildung gespart wird. Ein Demokratiefördergesetz auf Landesebene in Hessen ist notwendig, um die strukturelle Förderung von Demokratieprojekten zu sichern und die Zivilgesellschaft zu stärken.
Wir müssen auch die politischen Rahmenbedingungen auf Bundesebene berücksichtigen. Die FDP stellt sich beim Demokratiefördergesetz auf Bundesebene quer, die CDU in Hessen hat jahrelang ein solches Gesetz nicht gewollt, und es besteht die Gefahr, dass die SPD einem ausgehöhlten Gesetz zustimmt. Hier müssen wir als GRÜNE JUGEND Hessen klar Position beziehen und Druck ausüben.
Die Landesregierung muss sich auf Bundesebene für die notwendigen Rahmenbedingungen einsetzen und gemeinsam mit den anderen Ländern und dem Bund eine nachhaltige Strategie zur Stärkung der Demokratie und Medienkompetenz entwickeln und umsetzen.
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