GJH zeigt sich enttäuscht über Regierungsentwurf zum Hessischen Hochschulgesetz
Die Grüne Jugend Hessen (GJH) und Campusgrün Hessen sind vom Regierungsentwurf, der am letzten Dienstag zur ersten Lesung in den Landtag eingebracht wird, enttäuscht. Trotz einiger guter Ansätze und teils sehr begrüßenswerten Verbesserungen wie bei den Themen Transparenz und Tierversuche, bleibt er in anderen Bereichen weit hinter dem Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung zurück.
So wird im Koalitionsvertrag das Versprechen aufgestellt „[…] dass die Gesamtverantwortung der Hochschulorgane […] für die gemeinsame Entwicklung der Hochschule gestärkt werden soll […]“ (Koalitionsvertrag, S. 73)
Im jetzigen Entwurf wird jedoch lediglich der Hochschulrat auf Kosten des Senats gestärkt, so zum Beispiel in Budget- oder Akkreditierungsfragen und eine demokratische Verantwortungsverteilung bleibt weiter offen.
„Der Senat als demokratisch legitimiertes Gremium sollte gerade in Finanzfragen ein echtes statt einem aufschiebenden Vetorecht besitzen. Damit er vom Präsidium unabhängig agieren und seine Verantwortung eigenständig ausüben kann, ist es außerdem nötig, dass er seinen Vorsitz selbst wählt.“ so Andreas Ewald, Landesrat von Campusgrün Hessen. „Es kann nicht sein, dass mit dem Entwurf nur der undemokratisch zusammengesetzte Hochschulrat gestärkt wird. Das verstehen wir nicht unter Gesamtverantwortung“, fügt Ewald hinzu.
Außerdem wurde im Koalitionsvertrag festgehalten, dass „[…] die Beteiligung der Studierenden bei Belangen, die deren Studienbedingungen betreffen […]“ gestärkt werden soll. (Koalitionsvertrag, S. 74).
„Dieses studentische Mitspracherecht könnte am besten in paritätisch besetzten Studienkommissionen und Fachbereichsräten umgesetzt werden. Dass nun stattdessen nur ein Anhörungsrecht für Fachschaften und Studierendenschaft kommen soll, fällt weit hinter dem Koalitionsvertrag zurück“, so Sofia Ganter, Landesrätin von Campusgrün Hessen. „Diese Anhörung muss zumindest als Zustimmungserfordernis verfasst werden, so dass hier nicht weiter über die Köpfe der Studierenden hinweg entschieden werden kann“, stellt Ganter abschließend klar.
„In den Bereichen, in denen Daueraufgaben anfallen, sollen Dauerarbeitsplätze geschaffen werden.“ (Koalitionsvertrag, S. 76)
Auch diese Vorgabe spiegelt sich im Gesetzentwurf kaum wieder. Nicht nur werden die generelle Befristungspraxis und die Schaffung von Karrieren jenseits der Professur nicht wirklich angegangen, auch die Regelungen bezüglich der Hilfskräfte sind guter Arbeit an den Hochschulen abträglich.
So wird die Beschäftigung als wissenschaftliche Hilfskraft – eine sehr schlecht bezahlte Position für Personen mit abgeschlossenem Studium – statt abgeschafft zu werden nun noch weiter ausgebaut. Studierende sollen auch nach Abschluss des Studiums nahezu unbegrenzt weiter als Hilfskräfte angestellt werden können, anstatt eine normale Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiter*innen zu bekommen. Schon jetzt ist es Praxis, dass Hilfskräfte und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen in prekären Beschäftigungen mehr arbeiten müssen, als der Arbeitsvertrag vorgibt. Hier muss sich auch die CDU bewegen, um Beschäftigten einen gesetzlichen Schutz vor Ausbeutung zu geben.
Dazu Ben Seel, Landesrat von Campusgrün Hessen: „Dieser akademische Niedriglohnbereich muss dringend abgeschafft werden, stattdessen fällt die Regierung aber nun sogar hinter dem ursprünglichen Entwurf des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur zurück und will noch mehr Ausbeutung zulassen. Wir brauchen dauerhafte Stellen jenseits der Professur, die der hohen Qualifikation der Stelleninhaber*innen entsprechend vergütet werden. Gerade angesichts der Streikaktionen von Hilfskräften sehen wir hier noch starken Verbesserungsbedarf – mit Tarifverträgen und im Gesetz.“
Außerdem sehen wir bezüglich dem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, den Fehlentwicklungen der Bologna-Reform wie beispielsweise dem hohen Prüfungsdruck entgegenzuwirken, keinerlei Ansatzpunkte im Regierungsentwurf.
Die Einrichtung von tenure-tracks hingegen ist sehr begrüßenswert. Auch wurden hier Kritikpunkte von Campusgrün aufgenommen. Warum „Qualifikationsprofessuren“ aber weiterhin auch ohne tenure-track möglich sein sollen, erschließt sich nicht. „Bei der Bekämpfung des Befristungsunwesens an den Hochschulen wünschen wir uns mehr Mut seitens der Landesregierung und Vorkehrungen die der teils prekären Lage ein Ende setzen,“ so Vera Strobel, aus dem Vorstand der Grünen Jugend Hessen.
Gespannt erwarten Campusgrün Hessen und die Grüne Jugend Hessen das parlamentarische Anhörungsverfahren, bei dem wir auf eine noch klarere grüne Handschrift im Gesetz hoffen.
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