LMV April 2024: Verbesserung der Situation für psychisch erkrankte Schüler*innen in Hessen
Die GRÜNE JUGEND HESSEN setzt sich dafür ein:
- Das es einmal im Jahr ein verpflichtendes Seminar für hessische Lehrkräfte im Schuldienst geben soll, welches über psychische Erkrankungen aufklärt und über den Umgang mit psychisch erkrankten Schüler*innen berät.
- Das für Lehrkräfte im hessischen Schuldienst eine Schweigepflicht gegenüber anderen Lehrkräften in Bezug auf psychische Erkrankungen von Schüler*innen eingeführt werden soll.
- Vor allem in Bezug auf den Artikel 6 des Grundgesetzes soll juristisch überprüft werden, ob es möglich wäre, dass Lehrkräfte Schulpsycholog*innen ohne Einverständnis der Erziehungsberechtigten anfordern dürfen, wenn der*die betroffene Schüler*in das 15. Lebensjahr vollendet hat und keine Unterrichtung von seinen*ihren Erziehungsberechtigten wünscht. Falls es juristisch möglich ist, soll sich für die Umsetzung dieser Maßnahme eingesetzt werden.
- Mentale Gesundheit erlernen. Es soll bereits jungen Menschen Kompetenzen zur mentalen Gesundheit beigebracht werden. Es wäre sinnvoll, Themen wie psychische Gesundheit, Stressbewältigung, Achtsamkeit und emotionale Intelligenz in den Lehrplan aufzunehmen. Durch eine gezielte Bildung über mentale Gesundheit könnten Schüler:innen frühzeitig lernen, wie sie mit ihren eigenen Emotionen umgehen und sich selbst sowie andere besser verstehen können. Es soll geprüft werden inwiefern die Schulgesundheitsfachkräfte eingesetzt werden könnten.
Begründung
Obwohl sich die Situation von psychisch erkrankten Schüler*innen im Vergleich zu früher verbessert hat, gibt es heute immer noch viele Probleme im schulischen Rahmen, welche ihnen das Leben und den Umgang mit ihrer Krankheit zusätzlich erschweren.
- 1. Viele Lehrkräfte sind mit diesem Thema überfordert und befragen zuerst Internetquellen, wenn sie mit diesem Thema konfrontiert werden. Zudem sind ungefähr ein Drittel der hessischen Lehrer*innen über 50 Jahre alt [1] und somit in einem gesellschaftlichen Umfeld aufgewachsen, in dem psychische Erkrankungen noch stärker stigmatisiert worden sind als sie es heutzutage werden [2], wodurch ihnen oftmals der Zugang zu dem Thema fehlt.
- Seminare welche über psychische Erkrankungen aufklären, würden die Lehrkräfte für dieses Thema sensibilisieren, sowie Vorurteile und Überforderung bei dem Umgang mit psychisch erkrankten Schüler*innen abbauen. Durch das Seminar könnten Lehrer*innen auch ein*e Kinder- und Jugendpsycholog*in vor Ort kennenlernen, mit welche*r sie möglicherweise beim Unterrichten von psychisch erkrankten Schüler*innen zusammenarbeiten müssten. Dadurch würde im besten Fall eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem*der behandelnden Psycholog*in und den unterrichtenden Lehrkräften entstehen.
- 2. Durch die Etablierung einer Schweigepflicht im hessischen Schuldienst, würde es Schüler*innen mit psychischen Erkrankungen leichter fallen, sich bestimmten Lehrkräften anzuvertrauen. Sie müssten nicht mehr mit der Angst leben, dass durch dieses Anvertrauen möglicherweise das gesamte Kollegium über ihre psychische Erkrankung Bescheid weiß. Somit könnte eine bessere Betreuung von psychisch erkrankten Schüler*innen ermöglicht werden.
- 3. Es ist wichtig zu beachten, dass Jugendliche, welche das 15. Lebensjahr vollendet haben und kassenärztlich versichert sind, können ohne das Wissen ihrer Sorgeberechtigten von Psycholog*innen therapiert werden [3]. Dies sollte auch für Schulpsycholog*innen gelten, da es für Lehrkräfte einfacher werden würde, solche anzufordern. Zudem wären ältere Schüler*innen bereitwilliger, mit Schulpsycholog*innen zu sprechen, da ihre Erziehungsberechtigten nicht mehr darüber informiert werden müssten. Gespräche über die eigenen psychischen Probleme können mit den eigenen Erziehungsberechtigten unter Umständen schwierig und unangenehm sein [4].
Deswegen sollte es Betroffenen ab einem gewissen Alter erlaubt sein, selbst zu entscheiden, wann und ob sie mit ihren Sorgeberechtigten über ihre psychischen Probleme sprechen möchten. Diese Problematik sollte den Beginn einer schulpsychologischen Behandlung nicht zusätzlich erschweren oder sogar verhindern.
Zwar könnte dies einen Eingriff in das Elternrecht [5] bedeuten, allerdings muss auch beachtet werden, dass eine frühzeitige psychologische Behandlung eine Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung oder sogar den Tod des psychisch erkrankten Jugendlichen verhindern könnte. Auch gibt es Jugendliche, die vor einem Besuch bei einem*einer Jugendpsycholog*in aus unterschiedlichen Gründen zurückschrecken, weswegen es für diese Jugendliche womöglich einfacher wäre, über die schulpsychologischen Angebote Ersthilfe zu erhalten. Auf Grund dessen müsste geprüft werden, ob das Elternrecht durch diese Maßnahme verletzt werden würde und ob das Elternrecht oder das Recht des Kindes auf Gesundheit [6] bei diesem Umstand schwerer wiegt.
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/215058/umfrage/anteil-der-lehrer-ueber-49-jahre-nach-bundeslaendern/ [28.03.2024]
[2] https://www.zeit.de/zett/2020-05/eltern-depressionen-erklaeren-meine-mutter-haelt-depressionen-fuer-charakterschwaeche?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com% [28.03.2024]
[3] https://psychotherapie-eva-wilke.de/psychotherapie-ohne-zustimmung-der-eltern-moeglich/ [28.03.2024]
[5] https://www.caritas.de/glossare/elternrecht#:~:text=Laut%20Artikel%206%20des%20Grundgesetzes,Wohl%20des%20Kindes%20zu%20sichern. [28.03.2024]
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