19. November 2015

LMV März 2014: Qualität der hessischen Hochschulmedizin bewahren!



Mit großer Sorge beobachtet die Grüne Jugend Hessen die Entwicklung am Universitätsklinikum Gießen-Marburg (UKGM). Das 2006 an die Rhön Klinikum AG verkaufte UKGM stellt bundesweit die erste privatisierte Uniklinik dar. 2006 wurde der Verkauf von vielen Seiten skeptisch betrachtet, auch die Grünen lehnten einen Verkauf mit Blick auf das Wohl der Patient*innen ab. 2013 kamen u.a. die Bundesärztekammer, der Marburger Bund und der deutsche Hochschulverband zu dem Entschluss, dass die Privatisierung des UKGM gescheitert ist. Forschungs-, Lehr-, und Behandlungsauftrag sind mit den Gewinninteressen einer Aktiengesellschaft nicht vereinbar. Dieser inzwischen allgemeinen Auffassung folgten jedoch keine Taten, wohingegen sich die Situation am UKGM drastisch verschärfte. Die zahlreichen Berichte über sinkende Behandlungsqualität und überlastete Mitarbeiter*innen können nicht weiter ignoriert werden.

Forschung und Lehre widersprechen Gewinnmaximierung
Ein Uniklinikum ist nicht nur ein Maximalversorger für die Patient*innen, sondern auch Ort für medizinische Forschung und Lehre. Das Land Hessen übernimmt zurzeit einen Teil des Gehaltes der Ärzt*innen, damit diese sich neben der klinischen Tätigkeit auch der Forschung und Lehre widmen können. Jedoch zeigt sich, dass aufgrund der gestiegenen Arbeitsbelastung seit der Privatisierung wohl immer weniger Zeit in Forschung und Lehre investiert wird und stattdessen durch Steuergelder finanzierte Forschungszeit für die klinische Arbeit der Rhön Klinikum AG verwendet wird. Die Grüne Jugend Hessen fordert daher das Land Hessen und alle Beschäftigten des UKGM dazu auf, darauf zu achten, dass Steuermittel auch für die gedachte Verwendung eingesetzt werden.

Medizinische Lehre nicht unterfinanzieren
Die medizinische Ausbildung ist eine Mischung aus klassischer universitärer Lehre und Ausbildung an einem Uniklinikum. Die Lehrsituation am privatisierten UKGM stellt schon Schwierigkeiten dar, zusammen mit einer ungenügenden Finanzierung der medizinischen Fakultäten durch das Land Hessen entsteht eine gefährliche Situation. So ist die Lehre an einigen hessischen Standorten massiv bedroht, da die medizinischen Fachbereiche Defizite im mehrstelligen Millionenbereich in ihren laufenden Haushalten aufweisen. Das liegt daran, dass das Land Hessen pro Studierenden 24.200€ im Jahr den Universitäten zur Verfügung stellt. Der Bundesdurchschnitt liegt jedoch bei 31.300€. Zudem werden die Mittel durch den hessischen Hochschulpakt nicht chancengleich verteilt. Die Universitäten Marburg und Gießen können die Anzahl ihrer Studienplätze nicht selbstständig erhöhen, wohingegen die Universität Frankfurt als Stiftungsuniversität unbegrenzt neue Studierende aufnehmen und somit mehr Landesmittel akquirieren kann, was zu einem ungleichen Wettbewerb unter den hessischen Hochschulen führt. Die Grüne Jugend Hessen fordert von daher eine Anpassung des hessischen Hochschulpaktes, damit eine gerechte Verteilung der Landesmittel unter den Hochschulen erreicht werden kann, sowie eine Angleichung der Finanzmittel an das durchschnittliche Bundesniveau.

Die Partikeltherapie Marburg endlich in Betrieb nehmen
Die ganze Diskussion um Unvereinbarkeit von Forschung und privaten Gewinninteressen lässt sich an einem Punkt besonders darstellen, der Partikeltherapie in Marburg. Dort wurde ein hochmodernes Partikeltherapiezentrum errichtet, welches sowohl der Exzellenzforschung als auch der Behandlung inoperabler Tumoren dienen sollte. Eine solche Behandlungseinrichtung existiert weltweit sonst nur noch an wenigen anderen Standorten und stellt für viele Krebspatient*innen die letzte Chance dar. Das Land Hessen gewährte der Rhön Klinikum AG beim Verkauf der neu errichteten Anlage einen Nachlass von 100 Millionen Euro. Doch die Rhön Klinikum AG nahm trotz vertraglicher Verpflichtung mit dem Land Hessen die Anlage nie in Betrieb, da diese nicht gewinnbringend zu betreiben sei. Nach jahrelangen Zögern unter schwarz-gelb hat sich die neue Landesregierung dazu entschlossen, gegen die Rhön Klinikum AG zu klagen. Die Grüne Jugend Hessen begrüßt diesen Schritt als lange überfällig und fordert aber zugleich, dass die Anlage unter allen Umständen in Betrieb genommen wird. Die Grüne Jugend Hessen lehnt es entschieden ab, dass Spitzenforschung allein nach finanziellen Kriterien beurteilt wird, zumal bereits große Summen in die Errichtung dieser einsatzbereiten Anlage geflossen sind.



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