6. Mai 2023

LMV Mai 2023: Legalize it! – Hessen zur Modellregion für die Cannabis-Legalisierung machen



Am 12.04.2023 wurden die überarbeiteten Eckpunkte für den Umgang mit Cannabis und die damit einhergehende drogenpolitische Reform im Rahmen einer Pressekonferenz von Karl Lauterbach und Cem Özdemir veröffentlicht. Vorgesehen ist, in einem ersten Schritt das straffreie Mitführen von 25 Gramm Cannabis, der straffreie Besitz von drei blühenden, weiblichen Cannabis-Pflanzen und die Möglichkeit, Cannabis über Cannabis-Anbau-Clubs zu beziehen, zu beschließen. In einem zweiten Schritt soll nach der Sommerpause des Bundestags ein Gesetz diskutiert und beschlossen werden, das es ermöglicht, in Modellregionen Cannabis kontrolliert in Fachgeschäften an Erwachsene abzugeben. Für uns ist klar:

Hessen muss Modellregion werden!

Nach der polizeilichen Kriminalstatistik wurden 2022 über 174.000 Strafverfahren in Deutschland wegen des Umgangs mit Cannabis eingeleitet. Das heißt, dass alle drei Minuten ein Verfahren erstellt wurde, welches in den meisten Fällen wegen der “geringe Menge”-Regelung der Bundesländer fallen gelassen wird. Diese Regelung gibt einen Richtwert vor, ab welcher Menge Cannabis ein Verfahren eingestellt werden sollte, unterscheidet sich aber von Bundesland zu Bundesland. Den ersten Schritt zu gehen und den Besitz einer gewissen Menge Cannabis und dessen Anbau zu entkriminalisieren, ist daher ein wichtiger Wendepunkt in der deutschen Drogenpolitik. Doch nur die Entkriminalisierung und der Anbau in Vereinen reichen nicht aus. In einem zweiten Schritt soll dann die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Modellregionen möglich sein. Diese Modellregionen wurden bislang nicht in Größe oder Umfang eingegrenzt und die Ergebnisse aus den Modellregionen sollen nach fünf Jahren evaluiert werden. Der Landesverband von DIE LINKE in Thüringen fordert beispielsweise, das komplette Bundesland Thüringen als Modellregion auszuweisen.

Daher fordern wir als GRÜNE JUGEND Hessen, möglichst viele Modellregionen in Hessen für die Legalisierung von Cannabis zu ernennen – im besten Fall sogar das gesamte Bundesland!

Raus aus der Abofalle – kein Verlocken zum Überkonsum

Wer kennt es nicht: Ist die Packung Chips erstmal offen, dann wird sie auch leer gegessen. Ähnlich verhält es sich doch auch mit der Mitgliedschaft in einem Cannabis-Anbau-Club. Der einzige Unterschied ist, dass die metaphorische Packung Chips (in diesem Fall also Cannabis) monatlich geliefert bzw. zur Abholung beiseite gelegt wird. Dieses Modell der Cannabis-Clubs hat zwar den Vorteil, Cannabis zum Selbstkostenpreis zu beziehen und dabei ein Mitspracherecht beim Anbau zu haben, allerdings nimmt es auch Flexibilität und fördert so einen regelmäßigen Konsum. Besser ist es, zusätzlich zu den Cannabis-Anbau-Clubs die Möglichkeit zu haben, Cannabis jederzeit in Fachgeschäften zu erwerben und somit das persönliche Konsummuster nicht durch eine monatliche Mengenregelung zu beeinflussen.

Quer durch’s Gemüsebeet – Sortenvielfalt anbieten

Da sich innerhalb der Cannabis-Clubs geeinigt werden muss, welche Sorten von Cannabis-Pflanzen angebaut, geerntet und ausgegeben werden, fällt die Sortenvielfalt zwangsläufig nicht allzu hoch aus. Dabei gibt es unter den verschiedenen Sorten massive Unterschiede in der Zusammensetzung der Wirkstoffe und gleichzeitig produziert eine Pflanze auch immer eine gewisse Mindestmenge an Cannabis. Für Menschen, die sich also durch verschiedene Sorten probieren möchten, sind Fachgeschäfte mit großer Auswahl deutlich besser geeignet als Cannabis-Clubs, in denen man sich bereits im Vormonat bewusst sein muss, wie viel man von welcher Sorte im kommenden Monat konsumieren möchte.

Sicher konsumieren – Professionelle Beratung ermöglichen

Durch die bevorstehende drogenpolitische Reform, wird es Menschen geben, die zum ersten Mal Cannabis konsumieren werden. Diese müssten in Cannabis-Clubs auf die Beratung der anderen Mitglieder vertrauen und sich gleichzeitig auf eine Mitgliedschaft einlassen, um Cannabis probieren zu können. In Fachgeschäften hingegen, würde die Beratung über geschultes Fachpersonal oder Apotheker*innen erfolgen, die sich mit den Wirkungen der einzelnen Sorten auskennen und gegebenenfalls auch Empfehlungen für Erstkonsumierende geben können. Hier ist es auch sinnvoll, Räume zu schaffen, in denen Cannabis sicher konsumiert werden kann, denn der Konsum ist aktuell nicht in den Cannabis-Clubs vorgesehen. Ganz im Gegenteil – die Cannabis-Clubs sollen explizit nicht für den Konsum bereitstehen.

Wissen wie’s geht – Datengrundlage für die bundesweite Legalisierung schaffen

Die Modellprojekte sollen der Bundesregierung Aufschluss darüber geben, ob und wie die Legalisierung von Cannabis umgesetzt werden kann. Um von einem Teil Deutschlands auf die gesamte Bundesregion schließen zu können, ist es natürlich wichtig, die Modellregionen divers zu gestalten. Hessen bietet sich dabei mit seinen ländlichen und urbanen Gebieten an. Zusätzlich ist in einigen Teilen Hessens bereits die Akzeptanz für ein solches Projekt vorhanden, da beispielsweise Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach angekündigt haben, Modellstadt werden zu wollen. Doch gerade die Akzeptanz und die logistische Infrastruktur in den ländlichen Regionen Hessens sind für eine solche Studie von Bedeutung. Je mehr Informationen wir im Vorfeld sammeln, desto besser sind wir für die tatsächliche Legalisierung gewappnet.

Die Cannabis-Clubs zum gemeinschaftlichen Anbau sind ein wichtiger Schritt in der drogenpolitischen Wende, doch wir wollen auch nach vorne blicken und den Konsum von Cannabis in der Bevölkerung sicherer und individueller gestalten. Dazu müssen wir auch den zweiten Schritt vollumfänglich unterstützen und in Hessen möglichst viele und möglichst diverse Modellregionen zur kontrollierten Abgabe von Cannabis schaffen – im besten Fall sogar das gesamte Bundesland! Gerade mit Blick auf die Landtagswahl und die damit einhergehende Bildung einer neuen Landesregierung, müssen wir darauf bestehen, dieses Anliegen in den Koalitionsvertrag zu bringen. Nur durch konsequentes Handeln und den Mut voranzugehen, können wir den gemeinsamen Aufbruch in eine neue, progressive Drogenpolitik schaffen!



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