7. Februar 2016

Prostituierte schützen statt unter Druck setzen!



Nach Monaten der Diskussion haben sich Union und SPD diese Woche auf eine Reform des Prostitutionsgesetzes geeinigt. Eine Anmeldepflicht, eine vorgeschriebene Erneuerung der Anmeldung alle zwei Jahre, jährliche Pflichtbesuche beim Gesundheitsamt, Kondompflicht für Freier und strengere Auflagen inklusive Zuverlässigkeitsprüfung der Betreiber*innen bei der Eröffnung einer Prostitutionsstätte – all das soll laut Union und SPD die Sexarbeiter*innen in Zukunft schützen und Menschenhandel entgegenwirken. Doch statt die Sexarbeiter*innen zu schützen, greift die Reform in deren Selbstbestimmungsrecht ein und setzt sie unter Druck.

„Die Bezeichnung des Gesetzes als Prostitutionsschutzgesetz ist scheinheilig. Maßnahmen wie Anmeldepflicht und jährliche Zwangsberatung schützen die Sexarbeiter*innen keineswegs, sondern dienen lediglich der Kontrolle und weiteren Stigmatisierung.“, erklärt Ann-Christine Herbold, frauenpolitische Sprecherin der Grünen Jugend Hessen (GJH). „Es ist äußerst fraglich, ob man so wirklich Menschenhandel und Zwangsprostitution aufdeckt. Die Opfer stehen häufig unter Druck und brauchen oftmals Monate, um Vertrauen gegenüber anderen Menschen zu fassen und dafür bereit zu sein, diesen das Erlebte anzuvertrauen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sie dies, unter dem Druck der Händler*innen stehend, bei der Anmeldung und einer einmal jährlich stattfindenden Zwangsberatung Fremden gegenüber tun. Es kann also durchaus passieren, dass Menschen unter dem Deckmantel der Legalität zur Prostitution gezwungen werden. Um zu erreichen, dass die Opfer aussagen, muss man ihnen vor allem die Zeit geben, die sie brauchen, um dazu bereit zu sein. Wir dürfen das Aufenthaltsrecht nicht an die Aussagebereitschaft knüpfen!“

Die Grüne Jugend Hessen kritisiert auch die besonderen Auflagen für Sexarbeiter*innen im Alter von 18 bis 21 Jahren. Sie müssen weitaus häufiger zum Gesundheitsamt und zur Anmeldung als ältere Sexarbeiter*innen. Union und SPD erwecken so den Eindruck, sie seien sich weniger über den Beruf und dessen Risiken im Klaren als ältere.
Eine Kondompflicht für Freier ist ebenfalls nicht zweckdienlich. Das Gesetz greift auch hier lediglich in das Selbstbestimmungsrecht zweier erwachsener Menschen ein, statt Sexarbeiter*innen ernsthaft zu schützen.

Die Grüne Jugend Hessen befürwortet jedoch die Zuverlässigkeitsprüfung für Betreiber*innen, mit der verhindert werden kann, dass vorbestrafte Menschenhändler*innen eine Prostitutionsstätte eröffnen können.



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